Eugenie
Schwarzwald

1872 – 1940
Frauenrechtsaktivistin, Schulreformerin und Pionierin der Mädchenbildung

Illustration Eugenie Schwarzwald

Frauen in innere stadt

„Langeweile ist Gift“ – Eugenie Schwarzwald

Eugenie Schwarzwald wurde als Eugenie „Genia“ Nußbaum bei Ternopil geboren und verbrachte ihre Kindheit und Jugend in Czernowitz (beides Galizien, heute Ukraine). Sie studierte von 1895 bis 1900 Germanistik  (Nebenfächer Anglistik, Philosophie und Pädagogik) an der Universität Zürich, der damals einzigen Hochschule im deutschsprachigen Raum, die Frauen zum regulären Studium zuließ.

Die Pionierin der Mädchenbildung

Sie wurde am 30. Juli 1900 als eine der ersten Österreicherinnen zur Dr. phil. promoviert. Nach ihrer Heirat mit Hermann Schwarzwald im Dezember 1900 lebte sie in Wien und übernahm dort am 1. Oktober 1901 von Eleonore Jeiteles das Mädchenlyzeum am Franziskanerplatz 5.  Eugenie Schwarzwald war Verfechterin der Koedukation; sie vertrat die Ansicht, diese „würde die Mädchen klüger und die Knaben gesitteter machen“. Die selbstständige Leitung ihrer Schule blieb Schwarzwald lange verwehrt, und ihr in Zürich erworbener akademischer Grad wurde in Österreich nie anerkannt.  Trotzdem gelang es ihr, das Lyzeum nach und nach zu einem Schulzentrum mit Volksschule, Gymnasial- und allgemeinen Fortbildungskursen zu entwickeln. Die Volksschule war auch die erste Schule mit Gemeinschaftserziehung. Die Grundideen ihrer Pädagogik waren von Gewaltfreiheit, Förderung der Phantasie und Gestaltungskraft und der freien Entfaltung jedes Kindes geprägt. Ab 1911 führte sie die Schule als Mädchenrealgymnasium mit acht Klassen. Es war damit die erste Schule in Österreich, an der Mädchen maturieren konnten. Seit 1913 war die Schule in der Wallnerstraße 9 (Herrengasse 10) im 1. Bezirk von Wien.  Bekannte Schülerinnen der Schwarzwaldschule waren Elsie Altmann-Loos, Alice Herdan-Zuckmayer, Ruth Karplus, Edith Kramer, Maria Lazar, Elisabeth Neumann-Viertel, Else Pappenheim, Hilde Spiel, Helene Weigel, Lucie Varga, Alma Wittlin und viele mehr.

Vertrieben und beraubt

1938 kehrte Schwarzwald von einer Vortragsreise in Dänemark nicht mehr nach Wien zurück, sondern emigrierte in die Schweiz. Die Nationalsozialisten verkauften ihren gesamten Besitz, man sperrte die Schule und die meisten Schülerinnen und Erzieher oder Erzieherinnen wurden vertrieben oder in der Shoah ermordet. ihr Eigentum wurde arisiert, ihre Papiere vernichtet und die Schwarzwaldschulen geschlossen.

Die Frauenrechtsaktivistin

Während des Ersten Weltkriegs richtete Eugenie Schwarzwald Gemeinschaftsküchen Tagesheime, Land- und Ferienheime für Kinder und Erwachsene ein (darunter auch am Semmering, der als Treffpunkt für Frauen der lesbischen Emanzipationbewegung galt). Viele dieser Einrichtungen gingen nach dem Krieg ins Wohlfahrtswesen des Roten Wien über und erwiesen sich so als zukunftsweisend. Abseits ihrer Schule war Schwarzwald eine gefragte Feuilletonistin und Vortragende – ab 1918 veröffentlichte sie zahlreiche Artikel zu pädagogischen und kulturhistorischen Themen, vornehmlich in der Wiener Presse, aber auch in deutschen und schweizerischen Zeitschriften. Ebenso trat sie etwa in Deutschland, der Schweiz und Dänemark als Rednerin auf und sprach ab den 1920er Jahren auch immer wieder im Radio.

Die Netzwerkerin

Eugenie Schwarzwald pflegte darüberhinaus auch ein Netzwerk von Künstler*innen, Musiker*innen, Literat:innen und herausragenden Personen der fortschrittlichen Wiener Gesellschaft, darunter: Oskar Kokoschka, Adolf Loos, Arnold Schönberg, Egon Wellesz, Hans Kelsen (Vater der modernen Österreichischen Verfassung), Otto Rommel, u.a.. Einige von Ihnen beschäftigte sie auch als Lehrende in ihrer Schule. Ihren Salon besuchten neben den oben Genannten auch die Schriftsteller Elias Canetti, Egon Friedell, Robert Musil, Karin Michaëlis und bei seinen Aufenthalten in Wien Rainer Maria Rilke.Neben Baron Lajos Hatvany, Alexander Moissi, Paul Lazarsfeld zählten auch Alma Mahler-Werfel und Berta Zuckerkandl zu ihren Gästen.In ihrem 1921 eröffneten „Sommerheim Seeblick“ am Grundlsee im Salzkammergut richtete sie ein Erholungsheim für geistige Arbeiter ein. Hier trafen sich Angehörige aller freien Berufe, meist aus Österreich und Deutschland, aber auch Amerikaner*innen, Dänen*innen, Engländer*innen und Schweden*innen u.a.. Darunter waren z.B. Carl Zuckmayer, die dänische Schriftstellerin Karin Michaelis, Robert Musil, der Hamburger Schauspieler und Regisseur Axel von Ambesser, Oskar Kokoschka und die Schauspielerin und ehemalige Schwarzwaldschülerin Elisabeth Neumann Viertel, um nur einige zu nennen. 

Verweigerte Würdigung

Sie starb 1940 an Krebs in der Emigration in der Schweiz. Als Jüdin kritisierte sie zeitlebens das Patriarchat im damaligen Judentum.  Für manche war dies wohl der Grund, ihr eine Gedenktafel an ihrer Wirkungsstätte in der Herrengasse 10, wie von den Grünen der Inneren Stadt seit 2012 gefordert und mehrmals zugesagt, bis heute zu verweigern.

Seit 2011 ist der Eugenie-Schwarzwald-Weg im 22. Wiener Gemeindebezirk, eine kleine Gasse, weitab ihres ehemaligen Wirkens, nach der Philanthropin benannt.

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